Eine berührende Geschichte von Menschlichkeit

Am 29. November war Roman Haller an unserer Schule zu Gast. Er berichtete unseren 10. Klassen in zwei Schulstunden im Musiksaal über das Leben seiner Eltern, über sein eigenes sowie seinen besonders schwierigen Start ins Leben. Im Anschluss daran gab es noch viele Fragen an seine Person, die er alle gerne und ausführlich beantwortete.

Zu   Beginn   der   zweistündigen   Unterhaltung   stellte   Roman   Haller   die   Frage,   was   die Schüler/innen bislang über das Judentum wissen, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Anschließend begann Roman Haller seine Erzählung mit den Worten: „Ich erzähle euch über mein Leben in einer unmenschlichen dunklen Zeit.“ Allein diese ersten Worte reichten, dass es einen berühren würde, was diese Person zu berichten hatte.

Roman Haller ist jüdischer Herkunft und im Jahre 1944 geboren. Dass es in dieser Zeit eben auch   Menschlichkeit   gab   und   Menschen,   die   Mut   hatten,   beweisen   seine   ersten Lebensmonate.

In Ternopil, damals zu Polen gehörend, heute in der Ukraine liegend, lebten seine Eltern. Viele jüdische Menschen wurden während des 2. Weltkriegs von dort ins Vernichtungslager  gebracht. Seine Eltern lebten in dieser Stadt  im Ghetto und hatten unglaubliches Glück: Sie gehörten zu zwölf Menschen, die ein deutscher Major namens Eduard Rügemer dort herausschmuggelte. Der Major und seine Ehefrau, die junge polnische Haushälterin Irena Gut, hatten Mitgefühl mit den dort lebenden Menschen. Diese zwölf Menschen wurden zunächst einige Zeit im Keller des Hauses des Majors versteckt, was aber immer gefährlicher wurde, denn die Gefahr des Entdeckens nahm zu. Deshalb ließ der Major die zwölf Menschen mit einem LKW in den Wald bringen. Dort gab es einen Bunker, in dem sie sich nun weiter verstecken sollten. Es war schwierig, denn es war sehr beengt und noch dazu war die Mutter von Roman Haller zu diesem Zeitpunkt bereits hochschwanger. Es sollte nicht mehr lange dauern, bis die Geburt anstand. Und dies sollte nun im Bunker geschehen.

Aber wie sollte das funktionieren? Ein Baby, das weint, das würde man leicht hören können.  So gab es eine Abstimmung über das Leben von Roman Haller. Sollte das Kind nach der Geburt erstickt werden, damit es die anderen durch Geschrei nicht verriet und sie eine Chance haben zu überleben? Die Abstimmung fiel eindeutig aus: Alle entschieden sich für das Leben von Roman. Entweder sollten alle überleben oder alle gemeinsam sterben. So rückte der Tag der Geburt immer näher. Es gab keinen Arzt, aber es wurde ein Förster geholt, der helfen sollte. Das Geburtsdatum von Roman Haller liegt zwischen dem 7.und 10. Mai 1944. Genau lässt es sich nicht feststellen, da es dort im Bunker keinen Kalender gab.

Die ersten Lebensmonate verbrachte Roman Haller nun in dem Bunker, immer wieder wurde ihm der Mund zugehalten, wenn er zu laut schrie. Aber schließlich kam es 1944 zur Befreiung durch die Sowjetarmee und die Menschen im Bunker konnten wieder ein Leben in Freiheit angehen. Anschließend erzählte Roman Haller noch von seinen Jahren als kleiner Junge in München, die späteren Treffen mit dem Major, den er als Opa bezeichnete, bis zu seinem Leben als Erwachsener.

Nach der berührenden Lebensgeschichte stellten die Schüler noch viele interessierte Fragen. Wir bedanken uns herzlich bei der Willy-Aaron-Gesellschaft, die diese Begegnung möglich machte.

Organisation: Andrea Welscher
Artikel: Caroline Luther